Reisebericht Spanien, Tierheim La Linea 07.04.-11.04.2022 ARM
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Reisebericht La Linea – 04.2022 – Anna-Rachel Meynig

Bewegend, berührend, bereichernd.

Das sind die ersten Worte, die mir zu meinem Spanienaufenthalt einfallen. Bewegt von vielen Emotionen, berührt von Menschen und Hunden und bereichert durch viele Erfahrungen bin ich nach Deutschland zurückgekehrt.

Die Zustände im Prodean Tierheim in La Linea haben mich tief bestürzt und gleichzeitig war ich voller Hochachtung für die Menschen und Hunde dort. Der Lärm im Tierheim, der Gestank und die Atmosphäre sind kaum in Worte zu fassen. Fühlbares Leid.

Reisebericht Spanien, Tierheim La Linea 07.04.-11.04.2022All die Hunde sitzen dort auf engem Raum. Ohne kuschelige Körbchen, ohne Auslauf, ohne Perspektive. Tag ein Tag aus. Und dennoch stehen sie am Zwinger und heischen um Aufmerksamkeit, sind freundlich und hoffnungsvoll.

Unter Hunderten Hunden gibt es keine Handvoll Hunde, bei denen man seine Finger besser bei sich lässt. Voller Demut und Bewunderung für diese Seelen bin ich durch die Zwingerreihen gegangen und habe einem jeden Hund geschworen, dass wir ihn rausholen. Früher oder später, aber wir lassen sie nicht im Stich.

Und trotz all der schrecklichen Eindrücke fühlte ich mich gleich heimisch. Wir wurden herzlich empfangen von Menschen, denen jede Hundeseele genauso am Herzen liegt wie uns. Wir haben die liebsten und tollsten Hunde (das sind übrigens alle) streicheln und herzen dürfen. Wir haben in Hundeaugen blicken dürfen und wissen einmal mehr wofür wir tagtäglich unsere Freizeit opfern.

Etliche neue Hunde haben wir fotografiert und eingeschätzt. Das ist leider gar nicht so romantisch wie man sich das vorstellt. Natürlich sind die Hunde toll, die Flöhe aber nicht. Natürlich hat man Herzchen in den Augen. Aber der Hundekot, der überall hin spritzt wenn die Hunde sich freuen, relativiert das etwas. Natürlich freut man sich über jeden Hund, der nach Aufmerksamkeit bettelt. Die Kratzer an den Armen, die Kopfweh von dem Gebelle sind dafür nicht ganz so angenehm. Die Dusche am Abend war nie so gut wie in Spanien.

Dem Tierheim fehlt es an Platz, die Hunde müssen teilweise auf arg beengtem Raum, teilweise in dunklen Ecken sitzen. Aufnahmestop? Nein, dann kann man die Hunde andernorts angebunden einsammeln. Wenn sie Glück haben. Es sind einfach zu viele Hunde auf zu engem Raum. Was für eine Belastung, tagtäglich vor Ort dieses Leid zu begleiten, weinende Hunde in Zwinger zu stecken und zwischen Qualität und Leben abzuwägen. Welpen keine liebevolle Nähe schenken zu können, weil sie in der Quarantäne sitzen. Die Mitarbeiter und Helfer dort leisten Unglaubliches und haben mich wirklich tief berührt. So viele kaltherzige Menschen, die ihre Hunde abgeben, entsorgen und dann diese Herzen auf zwei Beinen, die sie aufnehmen. Ich habe diese Tage in einem ständigen Wechselbad der Gefühle verbracht und war froh, dass wir pausenlos beschäftigt waren und unter Gleichgesinnten so frei sein konnten zu fühlen, was gerade gefühlt werden musste.

Und dann war da noch Salomon. Ein kleiner Bretone, kurz bevor wir anreisten von einem Jäger abgegeben. Er war und ist in einem grottigen Zustand. Nicht mal mehr fit genug, um mit in einem Zwinger zu sitzen stand er angebunden da. Er hat mich tiefer berührt als jeder andere Hund. Seit Ende April ist er nun bei uns auf Pflegestelle und wir kämpfen um sein Überleben.

Ganz besonders war es auch, meine deutschen KollegInnen kennenzulernen. Bis auf eine, habe ich die anderen doch tatsächlich erst in Spanien kennengelernt. Es war so schön zusammen vor Ort zu sein. Gemeinsam Hintergründe zu verstehen, essen zu gehen, intensive Gespräche zu führen, zusammen zu lachen und sich einfach mal in den Arm zu nehmen.

Nicht nur das Prodean Tierheim, auch andere Tierschützer und Auffangstationen durften wir kennenlernen. Überall empfing uns eine Herzlichkeit und Freundlichkeit und der gemeinsame Wunsch für die Hunde zu kämpfen. So viele besondere Hunde und Menschen in so kurzer Zeit durfte ich kennenlernen, das ist wirklich ein Geschenk.

Ein Besuchsziel war Melampo. Melampo ist ein Schweizer Tierschutzverein, der sich unweit von La Linea befindet. Eine frische, aber sehr freundschaftliche Zusammenarbeit hat uns auch zu ihnen geführt. Im Gegensatz zu dem Prodean Tierheim, das mitten in La Linea sitzt, befindet sich die Station von Melampo etwas Abseits in den Bergen. Hier gibt es Platz, die Hunde wirken fröhlich und unbeschwert. Sie können täglich Auslauf genießen, es ist Grün und weitläufig. Eine wirklich feine Auffangstation und großartige Menschen.

Abschließend kann ich nur sagen, dass ich es nicht erwarten kann, wieder nach La Linea zu reisen. Ich möchte vor Ort helfen. Ich möchte die Kontakte vertiefen, ich möchte einfach da sein und all die Schattenseiten nicht ausblenden, aber den Fokus auf das Gute legen.

Denn wir lassen diese Hunde nicht im Stich, wir helfen ihnen – jeder Hund zählt.

 

Anna-Rachel Meynig